News Detail: CD: Top Tipps
HIP HOP/RAP / COMPILATION
Bad Boys: Bad Boys: 10th Anniversary: The Hits (CD & DVD)
"It's All About The Benjamins, Baby." Eine Dekade führte Sean 'Puffy' Combas aka Puff Daddy aka
P. Diddy das Rapgame Richtung Mainstream. Der weltweite Durchbruch der 'Black Music' ist zum großen Teil sein Verdienst. "I'll Be Missing You", die The Police covernde Hymne an seinen verstorbenen Freund Notorious B.I.G., sorgt 1997 von Brooklyn bis zum Ballermann für Hotstepper-Alarm auf den Tanzflächen und macht 'Biggie' ähnlich wie 2Pac auch außerhalb der Rapszene bekannt. Im Fahrwasser seines Todes und Puffys Hitsingle avanciert B.I.G.s Doppelalbum "Life After Death" mit über zehn Millionen verkauften Exemplaren zum bis dato erfolgreichsten Hip Hop-Werk aller Zeiten. Die Single "Hypnotize" brennt noch nach sechs Jahren mit "Biggie, Biggie can't you see, sometimes your words just hypnotize me" jeden Club nieder. Leider schafft es von Notorious nur noch die smoothe Playerhymne "Big Poppa" von seinem Debüt "Ready To Die" auf P. Diddys "10th Anniversary". Und wer den Mary J. Blige/Method Man-Klassiker "All I Need" oder andere Zuckerstücken von Queen Mary sucht, ist an der falschen Adresse, denn die Blige stand nie beim Bad Boy-Label unter Vertrag. Back To 1997: Stratege Diddy wirft geschickt noch sein eigenes Debüt "No Way Out" hinterher, auf dem er neben "Victory", hier in der fast identischen 2004er Version mit der G-Unit, bereits seinen neuesten Protegé vorstellt: Mase. Der Nuschelrapper spaltet mit den freshen, aber poplastigen "Mo' Money, Mo Problems" und "Feel So Good" die Hip Hop-Nation. Mit Puffys Luxus-Poserei hatten ja schon einige Heads Probleme. Mase jedoch entfernte sich styl- und musikalisch noch weiter vom einstigen Hip Hop-Gedanken, so dass sich Wu-Tang Clan-Boss RZA zur Äußerung "R'n'B - Rap'n'Bullshit" hinreißen ließ. Der Begriff "Poprapper" war geboren.
Mase versank recht schnell wieder in der Versenkung, nachdem er vom Ghostface Killah vermöbelt und wenig später zum Priester geschlagen worden war. Puffy erntete jedoch auch weiterhin den Respekt der Hood, da er nach Ausflügen in oberflächliche Mainstream-Regionen immer wieder seinen Hip Hop-Roots frönte. Das hypnotisch böse The Lox-Feature "All About The Benjamins", Black Robs "Whoa"-Straßenfeger oder Craig Macks Klassiker "Flava In Ya Ear" dürfen in keiner ernstzunehmenden Rap-Sammlung fehlen.
Trotz guter Songs konnte sich nach Notorious B.I.G. kein Bad Boy-Emcee längerfristig etablieren. Black Rob und Craig Mack endeten als One-Hit-Wonder und Shyne im Knast. G. Dep war noch nicht mal das vergönnt. Puffy sammelte seine Hits lieber selbst. Immer wenn der Chef höchstpersönlich ans Mic und Rampenlicht steppte, gelangen im wirklich große Dinger wie "I Need A Girl Part I+II", das gar jenen kritischen RZA zum Tanzen brachte. P. Diddy ist also mitverantwortlich, dass zwischen Rap, R'n'B und neuerdings auch Reggae die Schranken fallen bzw. gefallen sind. Für bornierte Puristen ein Greuel, für 'wahre' Musikfans ein Segen. Im kommenden Herbst möchte Sean Combs übrigens sein letztes Soloalbum veröffentlichen.
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POP / ROCK
Sophia: People Are Like Seas On
Der Opener "Oh My Love" überrascht mit ungewohnt versöhnlichen Worten. "Ich habe lange auf dich gewartet, deine Liebe ist immer noch frisch in meinen Gedanken" singt Robin Proper-Sheppard, begleitet von retro-rockigen Klängen. Hat der notorisch deprimierte Musiker endlich seinen Frieden gefunden und sich auf den Weg in die Charts gemacht?
"'People Are Like Seasons' ist das Album, das ich immer vergeblich versucht habe zu machen", erklärt der Singer/Songwriter und Produzent in einem Interview. Zeichneten sich die ersten zwei Werke seiner durch eine minimalistisch arrangierte Trostlosigkeit aus, beschäftigen sich die neuen Stücke zwar immer noch mit existentieller Melancholie und der eigentlichen Sinnlosigkeit des Lebens; sie bemühen sich aber auch, Lichtstrahlen in die Finsternis dringen zu lassen. Zwischenmenschliche Beziehungen stellen uns immer wieder vor Schwierigkeiten, aber so ist es eben, und damit müssen wir leben, lautet die Botschaft des Titels. Ein halbwegs versöhnlicher Ansatz, der immer wieder aus den Fugen gerät. Fließen die ersten zwanzig Minuten in Begleitung von Akustikgitarre, Streichern und einem Klavier noch aufregungslos vor sich hin, kommt bald unvermittelt ein Unwetter auf. "Lass dich einfach gehen" trägt Proper-Sheppard in "Desert Song No. 2" mit seiner an Mick Jagger erinnernden Stimme vor, als das Gitarrengewitter ausbricht und den labilen inneren Frieden verdrängt. "Du sagtest, Dunkelheit zieht dich an. Lass mich ein Schatten in deinem Schwarz sein" heißt es nun, während Bass und Keyboard an Rammstein erinnern. "I've been walking down this road every day of my fucking life … life's a bitch and then you die" verkündet er in "If A Change Is Gonna Come", den Verzerrer bis zum Anschlag aufgedreht. So viel Wut erinnert an Stooges - oder auch an Proper-Sheppards erste Band, God Machine. Back to the roots, also? Nein, denn das Album schlägt anschließend wieder ruhige Töne an. "Swore To Myself" hört sich mit der Zeile "Ich habe mir selbst geschworen, mich nie mehr zu verlieren" wie das Ergebnis einer Therapiesitzung an. Bezeichnenderweise kommt das schönste Lied zum Schluss; "Another Trauma" sorgt nach dem vorwurfsvollen "I Left You" für ein einprägsames Ende: "Ich trinke ein Bier und verabschiede ein weiteres Trauma, das ich überwunden habe. Das nächste wird kommen … aber ich verspreche, den morgigen Tag mit einem Lächeln zu beginnen".
Eine gezupfte Gitarre, später ein Klavier begleiten die für Proper-Sheppard schon fast revolutionären Worte. Zwar stößt die Beschäftigung mit sich selbst und seinen Problemen immer wieder an die Grenzen des Erträglichen, zumal seine Gedanken an mehreren Stellen wenig originell wirken; dennoch ist ihm mit "People Are Like Seasons" ein abwechslungsreiches und bestechend ehrliches Album gelungen. Kein Wunder also, dass sich nun ein gestandenes Label um ihn kümmert und die Chancen nicht schlecht stehen, Sophia demnächst in den Charts wieder zu finden.
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GOTHIC / POP/ROCK
HIM: And Love Said No...
1996 zog Ville Valo aus, die Mädchenherzen mit seinem androgynem Charme zu betören. Von Beginn an setzt er mit seiner Band dabei auf Songs, die mit morbider Romantik spielen, dabei jedoch nie den Pop-Appeal aus den Augen verlieren. Kontrollierte Härte heißt das im Fußballer-Jargon, und nicht nur beim Balltreten funktioniert diese Taktik prächtig. Him haben spätestens mit ihrem zweiten Album "Razorblade Romance" die Musikszene und die Hormone der Weiblichkeit gehörig durcheinander gewirbelt. Nach seinem Nummer eins-Hit "Join Me" gab es auch in Deutschland kein Halten mehr. Konzertsäle überall in der Republik waren ruckzuck ausverkauft, Fanpages schossen im Internet nur so aus dem virtuellen Boden, und Poster pflastern seitdem unzählige Zimmer. Mit bislang vier veröffentlichten Alben innerhalb von sieben Jahren sind sie äußerst produktiv, und 2004 ist es an der Zeit, zurück zu blicken. "And Love Said No" komprimiert die Him-Essenz in insgesamt 16 Songs.
Von den hier versammelten Liedern sind jedoch nur 14 bekannt, mit "And Love Said No" und der Neil Diamond-Nummer und neuen Single "Solitary Man" fügen die Finnen der Compilation eine aktuelle Note hinzu. Ersteres sticht aus dem übrigen Material lediglich durch seine Opener-Funktion heraus, wohingegen die Neil Diamond-Hommage als mittelschwere Katastrophe einen ziemlich üblen Nachgeschmack hinterlässt. Wie schon bei Hims Neuauflage von "Don't Fear The Reaper" erfährt hier ein Klassiker eine wenig schmeichelhafte Verhackstückelung.
Zu vorliegender Hit-Sammlung erscheint parallel eine streng limitierte Auflage mit einer weiteren CD, die insgesamt sechs Live-Videos beinhaltet.
Einsteiger hingegen erhalten einen repräsentativen Querschnitt über das Schaffen der Band. Lediglich die Songauswahl kann Objekt des Mäkelns sein, denn ob wirklich vier Songs aus dem eher enttäuschenden "Deep Shadows And Brilliant Highlights" hier aufgenommen werden mussten, ist zumindest strittig.
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HIP HOP/RAP
Cypress Hill: Till Death Do Us Part
Inzwischen gehört es zum musikalischen Alltag: Die Vermengung von Rap und Rock. Doch wer kann sich eigentlich den Vorreiter-Button für den als "Crossover" bekannt gewordenen und oft kopierten Style ans Revers hängen? Die antwort lautet Cypress Hill! Die 1988 gegründete Hardcore-Kiffer-Rap-Gang gab vor über zehn Jahren die Initialzündung für ein komplett neues Genre, als sie auf dem "Judgement Night"-Soundtrack (1993) mit Pearl Jam und Sonic Youth kollaborierten und dieses Konzept auf ihren folgenden Alben fortsetzte, während es für die anderen Beteiligten (u.a. Helmet & House Of Pain, Teenage Fanclub & De La Soul, Slayer & Ice-T) ein einmaliger Ausflug in die Welt des Crossover war, der im Prinzip von Aerosmith und Run D.M.C. mit der Neubearbeitung des Aerosmith-Klassikers "Walk this way" (1986) ins Leben gerufen wurde. Jetzt meldet sich die nach einer Straße im berüchtigten L.A.-Stadtteil South Central benannte Band um Mastermind B-Real (Louis Freese), Rapper Sen Dog (Senen Reyes), DJ Muggs (Lawrence Muggerud) und dem neuestem Mitglied, Percussionist Eric Bobo - Sohn von Cuban-Jazz-Legende Willie Bobo - nach zwei Jahren Pause mit ihrem neunten Album "Till Death Do US Part" auf der Bildfläche zurück. Die weltweit erfolgreichste Rap-Combo (16 Millionen verkaufte Tonträger), die immer für einen Skandal gut ist (legendär, als sich DJ Muggs bei einem TV-Auftritt bei "Saturday Night Live" auf der Bühne einen Joint ansteckte, während der Rest der Gruppe zu der Nummer "We ain´t going out like that" ihr Equipment vollkommen zerstörte), geht mit dem Album zurück zu ihren den HipHop-Wurzeln und fährt den Rockanteil deutlich herunter. Dabei ist "Till Death Do Us Part" ein dunkles Werk voller Andeutungen menschlicher Sterblichkeit, verbunden mit moralischen Geschichten, angetrieben durch die slammenden Beats der Band. Eingespielt in sechs Monaten in DJ Muggs' Studio in Los Angeles, führen die 16 Tracks wieder zu dem Punkt zurück, an dem alles begann: Roher HipHop mit Rock-, Reggae- und Latin-Einflüssen, gepaart mit einer vollen Breitseite Gangsta-Rap, finsteren Beats, derben Beschimpfungen und den obligatorischen Pistolenschüssen. Eigentlich nichts Neues für das Genre, aber für Cypress Hill eine Weiterentwicklung, die sich an der eigenen Geschichte orientiert: "Wir wollten nicht die gleichen ausgetrampelten Pfade beschreiten oder dieselbe Platte noch mal machen. Cypress Hill waren immer dafür bekannt, Trendsetter zu sein und ich denke, dass es für die Band Zeit war, wieder etwas anderes zu versuchen. Um noch mal eine eigene Welt innerhalb der bereits bestehenden zu kreieren. Wir springen auf keine Züge auf. Wir machen nicht nur Hit-Records. Wir machen Platten, die Klassiker werden und den ‚Test der Zeit' bestehen können". Angefangen mit dem pumpenden Straight-Up-Gangsta-Rap "Another body drops", der mit fetten Beats und sägenden Gitarren-Licks aus der Feder von Regie Stewart zu überzeugen weiß, über den mit Streichern, Harfen- und Piano-Parts aufgepeppten Mafia-Rap "Till death comes" und den mit Congas und Gitarren gespickten Latin-Track "Latin thugs" (featuring den Puerto Ricanischen Hardcore-Rapper Tego Calderon), zelebrieren die Dope-Fetischisten aus South Central einen höchst abwechslungsreichen "Tripple R"-Cocktail (Rap, Rock, Reggae) der Extraklasse. So ist der gesungene Reggae-Dub-Track "Busted in the hood" ein Musterbeispiel für klassischen Old-School-Rap, der den Beastie-Boys-Refrain "Here's a little story that must be told…." in den Song, der sich gegen harte Drogen ausspricht, integriert. Die erste Single "What's your number?" (eine Adaption des Clash-Songs "Guns of Brixton") ist eine treibende Ska-Rock-Nummer, eine augenzwinkernde Ode an das Aufgabeln eines Mädchens im Club. Das Instrumental wird dabei von einer Live-Band gespielt, unterstützt von Rancid-Frontmann Tim Armstrong an Gitarre, sowie "Skinhead Rob" Ashton von den Transplants als Backgroundvocalist. Aber auch Songs wie das straighte "Money" oder das horrorartige "Never know" beschreiten einen erfolgreichen Drahtseilakt zwischen Streetcredibility und Kommerz, mit dem Anspruch, die Gangsta-Historie der Band nach zu zeichnen. Mit "Till Death Do Us Part" beweisen Cypress Hill, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören, auch wenn sie als gestandene Plattenmillionäre schon längst nichts mehr mit dem Lifestyle zu tun haben, von dem ihre Songs handeln. Das Album bietet 50 Minuten hervorragendes "Rock 'N Rap"-Entertainment, das sich in den Charts genau so gut machen dürfte, wie in den Großstadtghettos der East- und Westcoast.
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SOUNDTRACK / POP
Herr Lehmann: Herr Lehmann
Mit dem jazzigen Intro von "Novocaine For The Soul" der Eels gelingt der Einstieg in die Audio-Zeitreise in den Kreuzberg-Wende-Roman "Herr Lehmann" von Element Of Crime-Sänger Sven Regener noch nicht so recht. Auch der Jazz Butcher lässt den Hörer in seiner "Soul Happy Hour" eher an eine koksende Uma Thurman denken als an den biertrinkenden Christian Ulmen.
Fad Gadget lassen uns dann wissen, dass wir endgültig im Zeitalter der Synthesizer angekommen sind. An "Collapsing New People" hat sich auch Westbam als Remixer versucht, seine mächtig pumpende Version des Klassikers ist neben dem Original auch auf dem Soundtrack vertreten. Natürlich darf der Autor der Romanvorlage nicht fehlen, Regener quält sich "Nervous and Blue" durch die Endachtziger, bis er im Jetzt ankommt, um Lexy und K-Paul auf die Spur zu singen, beziehungsweise zu sprechen, "Oder Beides". Elektronisch Angehauchtes aus der Gegenwart haben auch Thies Mynther und Dirk von Lowtzow alias Phantom/Ghost zu bieten. Dabei wandelt sich die zarte Blüte "Phantoms and Ghosts" zu einer wunderbar poppenden Blume. So wie ein Abend im Bierhimmel auf der Oranienstraße. Kreuzberger Nächte sind lang.
Und dann diese Flut von Coverversionen. Die wohl bekannteste ist Cakes Interpretation von "I Will Survive". Geht immer gut, vor allem wenn man Franzose und grade Welt- oder wahlweise Europameister geworden ist, hat aber nur noch bedingten Unterhaltungswert. Selbige versuchen sich an anderer Stelle noch an Willie Nelsons "Sad Songs And Sad Waltzes".
Laibachs Achtziger-Jahre Version von "Across The Universe" ist wahrscheinlich Geschmackssache, ebenso wie Anita Lanes Vorstellung von "Bella Ciao". Zwar fängt sie die bedrohlich-düstere Stimmung der Partisanenhymne gekonnt ein, allerdings geht das kämpferische Element völlig verloren. "Something's Gotten Hold Of My Heart", stellt Nick Cave fest, der Mann ist einfach eine Bank. Auch beim Nachsingen. Abgerundet wird der Soundtrack mit Klassikern von Violent Femmes und Ween. Der Soundtrack ist, zumal als Untermalung für einen deutschen Film, insgesamt sehr gelungen. Auch wenn es keine neuen Lieder gibt für "Herr Lehmann". Schade nur, dass die Filmmusik keinen deutlicheren Berlin-Bezug herstellt. Die Insel West-Berlin im roten Meer bedeutet auch Iggy Pop und David Bowie. Doch von ihnen keine Spur auf Herr Lehmanns musikalischer Untermalung, genau so wenig wie von Blixa Bargeld und Rio Reiser. Schade eigentlich. Denn die haben den Mauerfall sicher nicht in einer Kreuzberger Kneipe verpennt.
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COMPILATION / ROCK
Al Green / Clarence Carter: Light My Fire
Eine ganze CD nur mit Coverversionen des legendären The Doors Klassikers "Light My Fire": puuuh, das kann ja heiter werden, schwirrt einem als erstes durch den Kopf. Ganze 16 mal "You Know That It Would Be Untrue" am Stück. Textzeilen, die einem seit der Teenagerzeit für alle Ewigkeit ins Gedächtnis gebrannt sind. Doch was zuerst nach einer langweiligen Aufbereitung eines Ohrwurms aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als überaus spannende Rezeptionsgeschichte eines Popsongs par excellence. "Light My Fire" stand ganz am Anfang der Karriere von The Doors. Gleich auf ihrem Debütalbum findet der von Gitarrist Bobby Krieger geschriebene Song seinen Platz, erscheint im Frühjahr 1967 sogar Single-Format und bildet mit seiner leichten Melodie einen Kontrapunkt zu den schwermütig balladesken Arrangements von "The End". Vielleicht mit ein Grund, warum sich das Lied einige Monate später im Juli '67 an die Spitze der Charts, zum Sommerhit auswächst und bereits kurz darauf in zahllosen Verkleidungen immer wieder kehrt, bis heute. Leider konzentriert sich die Zusammenstellung "Light My Fire" überwiegend auf die späten 60er und frühen 70er Jahre. Die jüngste Vergangenheit, in der sich unter anderem Massive Attack am The Doors-Erbe versuchten, bleibt bis auf Mike Flowers Pops aus dem Jahr 1996 ausgespart. Was neben der schnellen Akzeptanz bei den Zeitgenossen noch auffällt, ist der hohe Anteil schwarzer Musiker, die sich in Kriegers Worten und Melodie wieder entdeckten und dem Song ihre Seele einhauchten.
Al Green tat dies mit viel subtilem Feinsinn, der den Textzeilen des Refrains eine beschwörend eindringliche Note verleiht und zu den gelungensten Interpretation auf "Light My Fire" zählt. Ganz oben spielt auch "Goldfinger"-Stimme Shirley Bassey mit, deren Adaption, von opulenten Orchesterarrangements getragen, die Stärken ihrer einzigartigen Stimme in Vollendung zur Geltung bringt. Der Reigen der großartigen Coverversionen komplettiert Booker T. & The MG's, die ihrer Version einen unaufgeregten Jam-Session-Charakter geben.
Eher unter der Rubrik Kuriositäten zu verbuchen sind Beiträge wie Horst Jankowskis eingedeutschte "Light My Fire"-Version. Schmalzige 70ies Easy Listening-Instrumentierung trifft auf lyrische Höhenflüge wie "Vielleicht ist alles gar nicht wahr, vielleicht auch nur ein Abenteuer, doch wir spüren die Gewalt, und auf einmal brennt das Feuer". An solche Sünden sollte man sich 30 Jahre später eigentlich nicht mehr erinnern müssen. Doch die Geschichte kann manchmal unerbittlich sein.
Zum Glück aber überwiegen auf "Light My Fire" die positiv besetzten Erinnerungen eindeutig. Und so regt selbst eine Peinlichkeit wie Jankowskis weichgespülte Interpretation höchstens zum Schmunzeln an, ohne das Gesamtbild in Mitleidenschaft zu ziehen.
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SOUL / POP/ROCK / DEUTSCH
Laith Al-Deen: Für Alle
Die deutsche Sprache ärgert Laith Al-Deen. "Ein Künstler wie Seal kann es sich erlauben, in seinen Texten missverständlich, ja unverständlich zu sein und sie in seinen Booklets nicht abzudrucken, während im Deutschen der Hörer ständig auf Stimmigkeit und Brüche des Textes achtet." Trotzdem gelingt Laith mit eben dieser Sprache auf "Für Alle" ein offenes Bekenntnis zum Mainstream.
"Ich bin Musiker, ich möchte mit meiner Musik viele Menschen erreichen", gibt der Karlsruher offen zu. Pop statt Soul?. Laith Al-Deen hat sich auf seinem dritten Album weiterentwickelt. Beschränkte sich das Textrepertoire des Songwriter-Teams seit seinem ersten Hit "Bilder Von Dir" auf Liebe, Liebe und ... Liebe, so schleicht sich auf "Für Alle" eine unerwartete Vielfalt ein. "Viel Davon" zeigt eine melancholische Sichtweise auf die herrlich unbeschwerte Kindheit, "1000 Tage" befasst sich mit Misshandlung, und in "Kann Es Sein" prangert er, getragen von einer netten Country-Untermalung, eine Welt an, in der "Lügner zu Legenden" werden. Der Titelsong "Für Alle" driftet in Richtung Techno, während "Worauf Wartest Du" eine spanische Gitarre einfließen lässt. "Höher", mit dem er die Grand Prix-Qualifikation im März bestreiten wird, kann eine Sabrina Setlur locker aus dem Rennen schlagen, wenn die Performance live ebenso gut rüberkommt. Einen Höhepunkt der Platte stellt jedoch "Meilenweit" dar, aufgenommen mit der aufstrebenden deutschen Reggae-Künstlerin Zoe. Das Stück projeziert das Fernweh mit Karibik-Vibes direkt ins Herz. Angesichts dieser Kreativität stößt einem ein einschläfernder Aussetzer wie "Farbe deiner Stimme" jedoch besonders übel auf.
Insgesamt besticht "Für Alle" aber sowohl mit seinen langsamen, schwer zu verdauenden Stücken als auch mit den schnelleren Rock-Tunes. Und trotz der relativ großen Unterschiede zieht sich Al-Deens sentimentale Stimme wie ein roter Faden durch die Songs, so dass die Harmonie immer gewahrt bleibt. Ein in sich stimmiges Machwerk, das sich auf keinen Fall hinter seinem Vorgänger verstecken muss. Laith Al-Deen beweist, dass er in die richtige Richtung geht und sich langsam aber sicher zur Elite der deutschen Pop-Riege zählen darf. Von der Bezeichnung German Soul distanziert er sich inzwischen. Er empfinde es als Schublade, in die er "zusammen mit anderen deutschen Kollegen aus Marketinggründen geworfen werden sollte". Hat man da gerade einen Seitenhieb gegen Naidoo raushören können?
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ELECTRO
Tangerine Dream: Dream Mixes 4
Ganz langsam kommt er in Fahrt, der Tangerine Dream-Zug. Blubbernd bahnt er sich seinen Weg durch weite Synthie-Flächen und langsam fließende Harmonien. Fast vier Minuten lässt er sich Zeit, ehe er zu angenehm analog treibenden Schlagzeug-Beats Fahrt aufnimmt. Wer die deutschen Elektropioniere kennt, wird jedoch wissen, dass ein durchgehend auf die Zwölfe gehendes Ding nicht ihre Sache ist, und so gleicht auch die vierte Auflage der "Dream Mixes"-Serie einer Achterbahn.
Auf sanfte Soundebenen folgen wilde Drum'n'Bass-Ritte, schummrige Ambient-Parts gleiten heimlich, still und leise in funkige Uptemponummern über. "DM4" erfüllt dabei gleich zwei Funktionen. Wer bei allerlei Alltagsverrichtungen Zeit hat, nebenbei Musik hören zu können, darf sich Tangerine Dream in den Player legen. Und wer sich in bombastisch-rhythmischen Klangkollagen verlieren möchte, hat ebenso seine helle Freude. Neben elektronisch generierten Klängen heben herkömmliche Instrumente wie Schlagzeug und Gitarre die spacigen Variationen aus einer abstrakten Ebene hervor. Organisch und warm echot der Tangerine Dream-Kosmos und offenbart viele hinhörenswerte Details. "From Kiev With Love" kristallisiert sich nach mehreren Durchgängen als Kleinod heraus, wobei das sich anschließende "Meta Morph Magic" dank stakkatoartigem Orgeleinsatz kaum weniger begeistern kann. Spacige Epen mit fesselnder Rhythmik sind nun mal die Stärken von Tangerine Dream. Auch mit dem vierten Teil ihrer Selbstverwurstelung lassen sie dabei qualitativ keine Wünsche offen. Nenn' es Techno, nenn' es Pop, es bleibt, was es ist. Gute Musik. Ein Blick auf den fast schon wahnwitzigen Output von Vater und Sohn Froese wischt den Gedanken daran, dass dem Duo in naher Zukunft die Ideen ausgehen könnten, mit lockeren Federstrich beiseite.
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METAL
Edguy: Hellfire Club
Nachdem es im Februar schon einen Vorgeschmack aufs neue Album in Form der EP "King Of Fools" gab, legen Edguy jetzt mit ihrem siebten Longplayer "Hellfire Club" nach. Wie auf dem Vorgänger "Mandrake" auch haben sie wieder einige Überraschungen parat.
Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass "Hellfire Club" eine richtig gute Metal-Scheibe geworden ist. Ihre Fähigkeiten als Songwriter haben Edguy schon oft genug unter Beweis gestellt, und die Zeiten, in denen Sänger Tobias Sammet noch auf Unterstützung bei den Vocal-Arrangements zurückgreifen musste, sind auch schon lange vorbei. Zwar müssen die Erwartungen der Fans nach "Mandrake" enorm gewesen sein, aber das stecken die Hessen locker weg. Mit dem Opener "Mysteria" heizen die Jungs schon kräftig ein und machen Lust auf mehr. Der Snare-Sound des anschließenden "The Piper Never Dies" trübt die Freude aber schon etwas. Ist der Konkurrenzkampf um den beschissensten Drum-Sound eröffnet? Das wird knapp zwischen Metallica und Edguy. "We Don't Need A Hero" bzw. "Under The Moon" sind klassische Speed-Granaten und "Down To The Devil" ein typischer Midtempo-Stampfer. Die Video-Single "King Of Fools" dürfte inzwischen ja schon bekannt sein und sich in den einen oder anderen Gehörgang gebohrt haben.
Während sich an "Lavatory Love Machine" die Geister wohl wieder scheiden werden, steht mit Navigator ein kleines Juwel auf dem Album, bei dem einige Protagonisten aus der Aina-Oper zu hören sind, an der auch Tobi teilnahm. Auch im "Hellfire Club" werden ruhigere Töne angeschlagen, und zwar bei "Forever" und bei "The Spirit Will Remain", wo nur das Orchester Tobis Stimme unterstützt - ab sofort sind keine Zweifel mehr an den Fähigkeiten des Mannes erlaubt.
Durch ihre kräftige Medienpräsenz werden ein paar Unverbesserliche der Band vielleicht den Ausverkauf vorwerfen. In Zeiten, in denen sogar Motörhead bei Stefan Raab (TV Total) und Oomph! bei The Dome auftreten, kann man sich aber auch Edguy bei der McCharts-Show reinziehen.
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MUSIK DVD
Jerry Lee Lewis & Friends
Sein Spitzname ist "The Killer", und Jerry Lee Lewis hat in seiner Jugend einiges getan, um seinem Ruf als Enfant Terrible des Rock'n'Roll gerecht zu werden. Sex mit minderjährigen Verwandten, mehrfache Eheschließungen ohne vorhergehende Scheidungen, die üblichen Drogeneskapaden, einige in Flammen aufgegangene Flügel und nicht zuletzt seine zeitlos groovigen Tunes begründeten das skandalträchtige Image des Louisiana-Boys. Dreißig Jahre später gehört derlei längst zum kulturellen Allgemeingut, und Jerry Lee Lewis hat die Bühne provinzieller Kneipen mit der des Londoner Apollo Theater vertauscht, wo Tausende die Legende feiern. An jenem Ort also möchte der Killer 1989 sein Comeback starten, wo er 1958, als die Heirat mit seiner 13-jährigen Cousine bekannt wurde, seinen tiefsten Fall erlebte. Die Zeichen sind verheißungsvoll, schließlich kommt in jenen Tagen ein Spielfilm in die Lichtspielhäuser, der sich dem skandalösen Leben von Lewis widmet. Doch während Dennis Quaid in "Great Balls Of Fire" Jerry Lee vor Saft und Kraft strotzend auf die Leinwand bringt, haftet dem Auftritt des echten Mr. Lewis ein gewisser Anachronismus an, der im schlimmsten Falle irritierende, im besten Falle ulkige Züge annimmt.
Da stehen neben Jerry Lee Lewis auch seine "Friends" mit auf der Bühne, als da wären: Van Morrison, Brian May von Queen, John Lodge von The Moody Blues, Dave Davies von The Kinks und Dave Edmunds. Ihnen kommt die Ehre zu, mit dem Meister eine Bühne zu teilen, ja mehr noch, mit ihm in einer Band zu spielen. Was aber als eine Art "Who is Who der Rockmusik"-Line-Up geplant war, entpuppt sich als Lachnummer allererster Güte.
Am Piano klimpert das Idol Jerry Lee Lewis seine tausendmal gehörten Tunes bis auf wenige Ausnahmen, ziemlich lustlos runter, und um ihn herum stehen Lodge, Davies und Co. wie kleine gelehrige Schulbuben. Die Rolle des Strebers fällt hierbei Brian May zu, der just in dem Moment, als er neben dem Meister mit großer Geste zum Solo ansetzen möchte, über das Kabel seiner Gitarre stolpert. Plop! Nix war's mit dem tollen Auftritt.
Dass Jerry Lee Lewis mit halb amüsiertem, halb sarkastischem Lächeln "Highschool Confidential" nochmals anspielt, um May seine tägliche Fingerakrobatik zu ermöglichen, lässt den Queen-Gitarristen wie einen dummen Sechstklässler aussehen, der sich zwar Mühe gibt; leider aber vergebens. Einzig Van Morrison macht im Duett mit Lewis eine gute Figur.
Die spannungsgeladene Atmosphäre zieht sich durch die gesamten 60 Minuten Spielzeit und erfährt nur in den seltenen Momenten eine Abmilderung, in denen Lewis das Publikum um sich herum zu vergessen scheint und mit seinem Instrument zu einer Einheit verschmilzt. Da blitzt dann etwas von jener Energie auf, mit der er dreißig Jahre zuvor die Konzerthallen reihenweise in Brand steckte.
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Text-Quellen: Diverse
29.03.2004 17:56:48 / enzo
Alle Angaben ohne Gewähr
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